Sonntag, 20. April 2008

Liegenschaftsfonds Berlin verkauft ein Top-Objekt nach dem anderen und schon wetteifern die Bieter

Der Liegenschaftsfonds Berlin, gegründet 1991 zum Verkauf landeseigener Immobilien, die das Land Berlin nicht mehr für öffentliche Aufgaben benötigt, peilt nun auch im Jahr 2008 ein neues Rekordergebnis an. Das ist umso beachtenswerter, als das Portfolio des Fonds sehr heterogen ist – so mancher Portfoliomanager hätte wohl längst die Waffen gestreckt. Es reicht von Gewerbeimmobilien, Misch-, Industrie-, Wohn- und Sonderimmobilien bis zu nicht benötigten Kitas oder einer klitzekleinen Fläche in den Ausmaßen eines Gullydeckels mit Strommast. Im Jahr 2007 wurden 594 Immobilien veräußert und an die Landeskasse konnten 280,6 Mio. Euro abgeführt werden. Dabei ergaben 7 dieser Verkäufe 83,1 Mio. Euro. In den ersten vier Monaten des Jahres 2008 konnten bereits 100 Mio. Euro abgeführt und Neugeschäfte in Höhe von 81 Mio. Euro getätigt werden. Liegenschaftsfonds-Geschäftsführer Holger Lippmann ist hoffnungsvoll, dass diese Nachfrage sich im Laufe des Jahres noch steigern wird. Die Käufer der landeseigenen Immobilien verfügen über viel Eigenkapital, sind bei der Finanzierung nicht auf Fremdkapital angewiesen und planen eher mittel- und langfristig, heißt es. Manche Flächen wie die ersten Baugrundstücke am Humboldthafen sind äußerst heiß begehrt. Dabei sollte dieses 6.000 qm große Areal an der südöstlichen Ecke des Hafenbeckens längst verkauft sein. Das entsprechende Bieterverfahren wurde im Herbst 2007 eröffnet. Doch weil sich zwei im Rennen verbliebene Interessenten preislich immer höher schrauben, sei es noch zu keiner Einigung gekommen - Finanzsenator Thilo Sarrazin sieht es wohl mit Freude. Nun wird die endgültige Beurkundung des Verkaufs für Ende des Monats Mai 2008 erwartet.

Dabei sind die Käufe vom Liegenschaftsfonds wahrlich keine Schnäppchen. Zwar muss nach der Landeshaushaltsordnung erst ab einem Verkehrswert von 125.000 Euro die Einwilligung des Abgeordnetenhauses von Berlin eingeholt werden - denn keine Liegenschaft darf unterhalb des Verkehrswertes veräußert werden. Doch wie diese „Cashfresser“, wie das klitzekleine Grundstück mit Strommast nur loswerden? Bei einer Versteigerung wurde das Kunststück vollbracht und der Verkehrswert erreicht, zur Beruhigung von Finanzsenat und Abgeordnetenhaus. Nun wird geprüft, wie dieses Verfahren auch auf andere derartige Immobilien zu übertragen ist.

Die Friedrichstraße oder die Behrenstraße sind ausverkauft, die Portfolios werden immer kleinteiliger. So wurden 2007 mit 61% die meisten Kaufverträge im kleinteiligen Grundstücksgeschäft bis 100 000 Euro abgeschlossen. Der höchste Umsatzanteil wurde in der Kaufpreisspanne 1 Mio. bis 5 Mio. Euro mit 51 Grundstücken erzielt. Gleichwohl haben auch wirklich bemerkenswerte Immobilien neue Besitzer gefunden wie der Admirals-Palast an der Friedrichstraße, die ehemalige Frauenklinik der Charité an der Ziegelstraße oder das Gästehaus des Senats von Berlin im Grunewald. Auch der zehn Hektar große Bauplatz des neuen Domizils des Bundesnachrichtendienstes, das ehemalige Stadion der Weltjugend an der Chausseestraße in Mitte, war einst im Portfolio des Fonds. Jüngstes Verkaufs-Highlight: die wunderschöne Villa Mendel am Kleinen Wannsee. Das 11 000 qm große Wassergrundstück Am Sandwerder 37 ging für etwa 5 Mio. Euro nach noch unbestätigten Quellen an eine Software-Firma. Der Liegenschaftsfonds bestätigt zwar den Verkauf, macht zur Höhe des Verkaufspreises noch keine Angaben.

Dieser Run auf Berlin ist umso bemerkenswerter, als auch dort kein Quadratzentimeter mehr besonders in innerstädtischen Lagen zu Preisen wie noch vor einigen Jahren zu haben ist. „Die Bodenpreise sind erkennbar gestiegen“, sagt Lippmann. Das lässt auch der jüngste Grundstücksmarktbericht unschwer erkennen. Damit jedoch auch Bau-Interessenten aus Berlin mit einem nicht so prall gefüllten Portemonnaie zum Zuge kommen, haben Senat und Liegenschaftsfonds in der Innenstadt Baugrundstücke für private Baugruppen ausgewählt, die nicht nach Gebot, sondern nach dem besseren Baukonzept (Ökologie, Mehrgenerationen etc.) zu einem Festpreis vergeben werden sollen. Das Baulückenmanagement hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bereits vor einiger Zeit ausgefeilt und dem sogar eine eigene Internetseite gewidmet. Allein für ein Areal in der Ackerstraße in der Rosenthaler Vorstadt seien 35 Bewerbungen eingegangen.

Künftig soll in die städtebaulichen Verträge (nach EU-Vergaberecht) zwischen Investor und Land Berlin/Liegenschaftsfonds auch eine Klausel Eingang finden, nach der der Investor sich verpflichten muss, innerhalb eines bestimmten Zeitraums sein Projekt nicht nur zu beginnen, sondern es auch zum Abschluss zu bringen. Berlin ist es auch leid, Baugruben in bester 1A-Lage wie in der City West (Zoofenster) hinter unansehnlichen Bauzäunen über Jahre zu verstecken oder von Investoren leer gezogene Immobilien ihrem Schicksal weiter zu überlassen wie das Schimmelpfennighaus oder das legendäre Zentrum am Zoo, bestehend aus dem Hochhaus Zoobogen, dem Kino Zoo Palast sowie dem niedrigen Langbau Bikinihaus. Dieses Gebäude-Ensemble ist eines der schönsten in Berlin überhaupt und seit 2002 im Besitz der Bayerischen Immobilien/Bayerische Bau und Immobiliengruppe. Diese wollte damals 300 Mio. Euro investieren. Sollte nun der städtebauliche Vertrag mit dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf in Kürze endlich unterzeichnet werden, so könnte noch 2008 der Bauantrag gestellt werden, heißt aus München.

Es bleibt eine vage Hoffnung, dass ebenso andere städtebauliche Verträge nach EU-Vergaberecht geprüft werden wie die der Alexanderplatz-Investoren. Ist ein Investor nicht zu zwingen, gegen den Markt zu bauen, so müsste es einer Millionenstadt ebenso unmöglich sein, städtebauliche Brachen einfach nur hinzunehmen - über Jahre. Gilt nicht der Grundsatz „Eigentum verpflichtet“? Bauherren dürften ihre städtebauliche Verantwortung nicht anderen überlassen, ihre Investition war die eigene freie und bewusste Entscheidung ihres Unternehmens, etwas zu unternehmen.

Quelle: DIB, Nr. 166, 16.05.2008