Samstag, 21. November 2009

Denkmalabschreibung lohnt sich

von Christian Hunziker - Handelsblatt

Viele Städte werden erst durch ihre Altbauten richtig attraktiv. Doch vielerorts stehen dem Denkmalschutz mit seinem bürokratischen und bautechnischen Mehraufwand immobilienwirtschaftliche Interessen im Wege. Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen fordert deshalb die Beibehaltung steuerlicher Abschreibungsmöglichkeiten beim Denkmalschutz und argumentiert, dass davon auch der Staat profitiere.

BERLIN. Baufällig, reif für den Abriss - so sah das ehemalige Stabsquartier von General Paulus vor fünf Jahren aus. Der Eigentümer hatte schon einen Abrissantrag für das 1936 errichtete Militärdenkmal an der Leipziger Windscheidstraße gestellt, als sich mit der GRK Holding doch noch eine Käuferin fand, welche die Kaserne nicht abbrechen, sondern sanieren wollte. Nun sind 34 edle Wohnungen im "Windscheidpalais" daraus geworden - und für die Mietinteressenten gibt es eine Warteliste.

Doch so glücklich geht der Konflikt zwischen Denkmalschutz und immobilienwirtschaftlichen Interessen nicht immer aus. Weit verbreitet sind die Klagen von Eigentümern, der Denkmalschutz gefährde die wirtschaftliche Nutzung ihrer Objekte. Und in manchen ostdeutschen Städten, so etwa in Chemnitz und Leipzig, finden sich selbst in der Innenstadt für zahlreiche denkmalgeschützte, in ihrer Substanz bedrohte Wohnhäuser weder Mieter noch Investoren. "Der Umgang mit denkmalgeschützten Bauten muss überprüft werden", erklärt deshalb die Sächsische Aufbaubank - und provoziert mit dieser verklausulierten Forderung nach Abriss prompt Proteste bei Bürgerinitiativen und Denkmalschützern.

"Viele Städte sind gerade dadurch attraktiv, dass ihre jahrhundertealte Geschichte in den Bauwerken präsent geblieben ist", sagt auch Eva-Maria Stange, Wissenschaftsministerin des Freistaats Sachsen und Präsidentin des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz. In einer ungewöhnlichen Kooperation mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und dem Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) fordert Stange deshalb, der Staat müsse auch künftig "seine schützende Hand" über Eigentümer von Denkmälern halten. Besonders wichtig sei es, die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten nicht anzutasten.

"Die Abschreibungsmöglichkeiten sind ein wichtiger Ausgleich für den aus dem Denkmalschutz erwachsenden bürokratischen und bautechnischen Mehraufwand", argumentiert BFW-Präsident Walter Rasch. Ohne die erhöhte Abschreibung (AfA) auf Denkmäler lohne sich die Instandsetzung eines solchen Hauses nicht, weshalb die bestehenden Regelungen keinesfalls verschlechtert werden dürften. Dies sei auch nicht geplant, versichert ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums.

Laut Rasch profitiert der Staat letztlich sogar von der steuerlichen Unterstützung. Jährlichen Steuerausfällen in Höhe von 119 Mio. Euro durch die Denkmal-AfA stünden nämlich 1,3 Mrd. Euro an Folgeinvestitionen gegenüber, woraus sich mindestens 260 Mio. Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen ergäben.

"Die steuerliche Abschreibung kann Baudenkmäler zu wirtschaftlich interessanten Anlageobjekten machen", bestätigt Nicola Halder-Hass von der Berliner Branded Bricks GmbH. Vor einigen Jahren untersuchte die Kunsthistorikerin und Immobilienökonomin gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen Jones Lang Lasalle am Beispiel Berlins das wirtschaftliche Potenzial von Baudenkmalen und kam dabei zu dem Schluss, dass Denkmäler sowohl beim Vermietungsstand als auch bei der Miethöhe gut da stehen. Dass Denkmäler für Investoren attraktiv sein können, beweist Halder-Hass selbst: In einem ehemaligen Straßenbahndepot in Berlin etablierte sie das Meilenwerk, ein Oldtimer-Zentrum, das es mittlerweile in ähnlicher Form in Düsseldorf und bald auch in Stuttgart gibt.

Die Konflikte zwischen Denkmalschutz und Investoreninteresse lassen sich nach Ansicht von Halder-Hass dann lösen, "wenn man die Denkmalpflege frühzeitig einbezieht und in einem für alle Beteiligten transparenten Prozess ein Gesamtkonzept entwickelt". Viele Denkmalpfleger brächten mittlerweile Verständnis für wirtschaftliche Erfordernisse auf. Der Abriss eines Denkmals könne deshalb nur der letzte Ausweg in Ausnahmefällen sein. "Eigentlich aber", sagt Halder-Hass, "findet man immer eine Lösung." Und das ist gut so, meint BFW-Präsident Rasch: "Wenn wir die Denkmale nicht erhalten, geht die Qualität der Städte verloren."

Quelle: Handelsblatt - 18.04.09 - Christian Hunziker

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