Dienstag, 15. Juli 2008

In Berlin boomen Luxus-Immobilien

Ausgerechnet im armen Berlin entsteht ein Luxusbauprojekt nach dem anderen. Zum Service gehören Parkplätze in der Wohnung, hauseigene Wellness-Bereiche und Doormänner. Wer sich das leisten kann? Unter anderem reiche Menschen aus Los Angeles und London.

Neuer Luxus wohin man schaut – zum Beispiel in Berlin Zehlendorf. Hier entstehen die "Wannseegärten", ein neues Villenviertel mit 165 Wohneinheiten auf dem 80.000 Quadratmeter großen Gelände des ehemaligen Don-Bosco-Heims. Zwischen Wald und Wasser werden die neuen Zehlendorfer ab Ende des Jahres residieren.

Im ersten Bauabschnitt werden sechs Doppelhaushälften und zehn Landvillen errichtet, dann folgen weitere Einfamilien-, Reihen- und Hofhäuser – verteilt auf exklusive Quartiere entlang der Lindenallee. Das Immobilienunternehmen apellas investiert rund 60 Millionen Euro, die Haustypen hat der Architekt Götz M. Keller von MK Architekten entworfen.

Das Villenviertel wird ein modernes Pendant zur prachtvollen "Colonie Alsen" am Wannsee, die der Bankier Wilhelm Conrad 1863 gründete. Repräsentative Villen, kleine Schlösschen und weitläufige Gartenanlagen boten hier schon damals den Rahmen für das Leben des Großbürgertums.

Angesichts der aktuellen Einkommensdaten für die Hauptstadt überrascht die Vorliebe der Investoren für den Bau von Edelimmobilien. Schließlich hat das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg in seinen jetzt vorgelegten Zahlen ausgewiesen, dass die Bruttolöhne der Berliner seit 2000 nur um 4,2 Prozent zugelegt haben, während die Verbraucherpreise im gleichen Zeitraum um 10,7 Prozent gestiegen sind. So betrachtet, sind die Berliner in den vergangenen Jahren also ärmer geworden. Wozu also Luxuswohnungen?

Menschen aus London und Los Angeles zieht es nach Berlin

Die edle Eigentumswohnungen werden wohl ihre Abnehmer finden. Denn dieses Angebot richtet sich nicht allein an Berliner Käufer, sondern ist auf eine internationale Klientel zugeschnitten. Nach Berechnungen des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) hatte ein Viertel der Käufer im vergangenen Jahr seinen Firmensitz nicht in Deutschland. Ein Trend, den Rainer Bormann, Vorstandschef von Orco Germany, nur bestätigen kann. Drei Viertel der Käufer seiner Luxus-Appartements im Quartier "Fehrbelliner" gehen an Ausländer, die meisten Interessenten kämen aus London und Los Angeles.

Nach Einschätzung von Immobilienexperten hat Berlin auch deshalb einen immensen Nachholbedarf an hochwertigen Wohnungen in nachgefragten Lagen, weil durch die Flaute am Bau Ende der 1990er-, Anfang der 2000er-Jahre kaum in den Wohnungsneubau investiert wurde. Luxuriöses Wohnen war zudem vor allem in den feinen Vororten wie Dahlem oder Grunewald angesiedelt.

Wohnen in der Innenstadt ist in

Heute ist luxuriöses Wohnen im urbanen Umfeld ein Trend, der sich in vielen deutschen Großstädten beobachten lässt. Wer genug Geld hat, leistet sich geräumige Wohnungen mit trendgerechtem Interieur aus edlen Materialien – etwa Naturstein-Badewannen und Vollholz-Parkett – allerlei Dienstleistungen und individuellen Sonderausstattungen. Bauunternehmen haben sich auf die große Nachfrage eingestellt: In Berlin und anderswo entstehen Luxus-Wohnanlagen, die versehen sind mit allem Komfort – gebaut von international renommierten Architekten. Oft auch in Zentrumsnähe: Ein neuer Trend sind vor allem "Townhouses", schlanke Wohntürme nach englischem Vorbild, die in enge Baulücken passen und den Traum vom eigenen Häuschen mit dem Leben in der Großstadt verbinden – mit Kind und Karriere mittendrin. Ein Musterbeispiel sind die "Berlin Townhouses" nahe der Museumsinsel, die gerademal 6,50 Meter breit sind.

Der Stardesigner Philippe Starck hat auf den weltweiten Trend des luxuriösen urbanen Wohnens mit der Marke Yoo reagiert, die jetzt nach Berlin kommt. Ab 2010 werden die Yoo-Wohnungen in Berlin Mitte bezugsfertig sein – gut 13.000 Quadratmeter mit Blick auf das Spreeufer. Einkommensstarken Wohnungskäufern bietet er die Möglichkeit, Luxus-Interieurs nach einem Baukasten-Prinzip zusammen zu stellen, auf Wunsch richtet ein Design-Team die Wohnungen mit den Käufern zusammen ein. In der Hamburger Hafencity und in München sind die Apartments unmöbliert für rund 6000 Euro pro Quadratmeter zu haben.

Mit dem Auto in die Wohnung

Carloft nennt sich ein innovatives Wohnkonzept, das gerade in Berlin Kreuzberg umgesetzt wird: Über einen Außen-Aufzug fährt man mit dem Auto bis vor die eigene Terrassentür – ob im dritten, im vierten oder im fünften Stock. An die großzügigen Loftwohnungen mit bis zu 200 Quadratmetern Wohnfläche schließt sich ein Terrassen-Garten an. Der Quadratmeterpreise liegt zwischen 2800 und 4000 Euro. Wer hier wohnt, kann dafür beim Umtopfen und Autoputzen am Wochenende den Fernseher oder den Sonntagsbraten im Auge behalten. Und hinterher den Abendgästen das schicke Cabriolet vom Esstisch aus präsentieren. Nach Verzögerungen beim Bau werden die ersten Carlofts voraussichtlich ab Oktober bezogen, doch scheint die kaufkräftige Schicht von dem Spartenkonzept noch nicht restlos überzeugt: erst sechs der elf Wohnungen sind bislang verkauft.

"Gefragt wird oft ein hochwertiges Gesamtkonzept", sagt Christine Dempf vom Immobilienmakler Engel & Völkers in München. Dazu gehören neben hochwertigen Materialien in Bad und Küche vor allem edle Kamine, neueste Gebäudetechnik für Sicherheit und Komfort, sowie Tiefgaragenstellplätze und große nicht einsehbare Dachterrassen. Vor allem im Bereich der Gebäudetechnik hat sich in den letzten Jahren einiges getan. In vielen Luxus-Apartments lassen sich Beleuchtung, Fenster, Heizung oder Multimedia-Equipment zentral per Touchscreen von der Eingangstür aus steuern – oder per Handy und Internet von unterwegs.

Das Comeback des Doormans

Doch Luxus-Wohnen hat ganz klar auch eine zeitliche Komponente: Wer viel Geld ausgibt, möchte sich Freizeit gleich mitkaufen. In vielen Luxus-Wohnanlagen kümmert sich ein Doorman rund um die Uhr um die Wünsche der Bewohner. Die sind oft glücklich etwa während einer Geschäftsreise den Blumenpflegedienst in Anspruch nehmen zu können, den Babysitter für den Abend oder den Einkaufsservice vorm Wochenende. Der Doormann-Service ist in angelsächsischen Ländern schon lange üblich, in Deutschland setzt er sich erst jetzt durch. Vorreiter war das Beisheim Center am Potsdamer Platz, das seit 2004 einen Fünf-Sterne-Plus-Service des Hotels The Ritz Carlton anbietet, sowohl für die Bewohner der Tower Apartments, als auch der nahen Parkside Apartments des Star-Architekten David Chipperfield.

Viele der neuen Luxus-Wohnanlagen bieten eine Infrastruktur, die gemeinschaftlich genutzt werden kann. Vor allem Wellness-Breiche und Schwimmbecken werden oft nachgefragt, aber auch Grünflächen stehen hoch im Kurs. So etwa bei dem Projekt "Fehrbelliner" von Orco Germany in Berlin Mitte. Auf dem Dach der Wohnanlage ist ein 600 Quadratmeter großer Gemeinschaftsgarten geplant, zusätzlich können die Wohnungseigentümer eine von 23 Dach-Parzellen erwerben und individuell bepflanzen – grünes Wohnen mit Blick über die Hauptstadt. Bis 2009 sollen hier 154 luxuriöse Wohneinheiten entstehen, mit gemeinsamen Schwimmbad und Spa-Bereich – diskret versteckter Luxus im Kiez. "Wir haben damit in Berlin auf einen ungebrochenen Trend reagiert", sagt Markus Feldt, Verkaufsleiter bei Orco Deutschland. "Die Leute wollen Qualität beim Wohnen – und sie wollen dafür auch Geld ausgeben."

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